Auch die indirekte Demokratie ist reformbedürftig

 

Wer die wortreichen Ausreden der Machthaber in den letzten Wochen gehört hat, weiss, wie gross die Ablehnung der Nationalratsparteien gegen die direkte Demokratie ist. Wenn es um den Erhalt der Parteien-Allmacht geht, wird schon einmal Sorge um den Schutz der Grundrechte vorgeschoben oder der Einsatz für die Qualität der Gesetze geheuchelt. Kaum jemand fragt dann nach, ob der Nationalrat selbst eigentlich die Grundrechte immer schützt und welche Qualität die Gesetze haben, die im Parlament auf dem Laufband produziert werden. Wissen Sie, welche Abgeordneten bei welchem Gesetz wie abgestimmt haben? Das können Sie gar nicht wissen, weil das prinzipiell nicht dokumentiert wird. "Mit Mehrheit angenommen, mit Mehrheit abgelehnt, einstimmig angenommen, einstimmig abgelehnt", das ist alles, was man die Öffentlichkeit wissen lässt. Man kann zwar persönlich ins Parlament kommen und zuschauen, aber da müsste man dann selber bei jeder Sitzung dabei sein. Freiwillig dokumentieren die Abgeordneten nicht, wer wirklich was gemacht hat. Dieser Tage kann man das wieder live beobachten. Oder besser gesagt: Live beobachten, dass man gar nichts beobachten kann. Am 29. September wird der Nationalrat neu gewählt. Warum gerade an diesem Datum? Das werden wir nie erfahren. Die Regierung hat sich das so ausgedacht. Hinter verschlossenen Türen. Im Ministerrat darf die Öffentlichkeit nicht zuhören. Dann hat die Regierung einen Antrag an den Hauptausschuss des Nationalrats gestellt. Diesen Antrag darf die Öffentlichkeit nicht sehen. Am Donnerstag wird der Hauptausschuss dann diesen Antrag beraten. Diese Beratung dürfen wir nicht beobachten. Dann gibt es einen Beschluss, den wir nicht zu Gesicht bekommen. Aber zumindest gibt es dann eine Presseaussendung des Parlaments. Propaganda gibt es also schon für das Volk. Ganz im Ernst: Was soll das? Was gibt es am Antrag auf Neuwahl zu verheimlichen? Die Demokratie gehört insgesamt reformiert in unserem Land. Auch das Parlament ist dringend reformbefürftig. Diese Geheimniskrämerei lässt nichts Gutes vermuten.

Zur Illustration der email-Verkehr mit dem Nationalrat:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ist die Sitzung des Hauptausschusses am kommenden Donnerstag öffentlich? Wo ist der Antrag der Bundesregierung auf Zustimmung zur Erlassung der Verordnung über die Ausschreibung der Wahl zum Nationalrat, die Festsetzung des Wahltages und des Stichtages (265/HA) abrufbar?

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Peter Hoffmann


Sehr geehrter Herr Hoffmann!

Ausschusssitzungen sind grundsätzlich nicht öffentlich, somit ist der von Ihnen genannte Antrag der Bundesregierung nicht öffentlich zugänglich. Sie können jedoch die wesentlichen Informationen der Ausschusssitzung der Pressemeldung der Parlamentskorrespondenz, welche morgen nach Ende der Sitzung online abrufbar sein wird, entnehmen.

Des Weiteren ist die Wahl durch Verordnung der Bundesregierung im Bundesgesetzblatt auszuschreiben (§ 1 Abs 2. Nationalrats-Wahlordnung). Die Verordnung der Bundesregierung mit den von Ihnen gewünschten Informationen wird voraussichtlich noch diese Woche kundgemacht (siehe www.ris.bka.gv.at)

Mit freundlichen Grüßen,

Carina Danemann

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