Frauen-Wehrpflicht kann kein Tabu bleiben

Dieses Video stammt vom Wiener Wahlkampf Juli 2010, kann also als Anstoß zur „Idee“ des Wiener Bürgermeisters zur Abhaltung einer Volksabstimmung angesehen werden:

Der folgende Text wurde am 17. Dezember 2012 als Presseaussendung der MÄNNERPARTEI verschickt, also deutlich vor der aktuellen Diskussion um Frauen-Wehrpflicht ab 8. Jänner 2013:

Bei der Volksbefragung im Jänner werden drei Themen behandelt: Die Anforderungen an ein modernes Heer, die Rolle der Zivildiener im Sozialsystem und die Geschlechtergerechtigkeit. Derzeit gilt die Wehrpflicht nur für Männer. Aber die Frage nach Gleichberechtigung wird im Jänner gar nicht gestellt. Alle drei Themen werden in eine Frage verpackt. Was wird nach dem 20. Jänner wirklich passieren?

Derzeit werfen insbesondere die Regierungsparteien beim Thema Gerechtigkeit eifrig Nebelkerzen. Die SPÖ behauptet, der Frauenanteil im Heer würde nur ohne Wehrpflicht steigen und die ÖVP versucht, männliche Zwangsarbeit mit der angeblichen Lohnschere und der Mehrfachbelastung der Frauen zu rechtfertigen. Hinter diesen Ablenkungsmanövern steckt ein 100 Jahre altes Tabu. Eigentlich haben Männer das allgemeine Wahlrecht deswegen bekommen, weil sie auch die allgemeine Wehrpflicht hatten. Die Frauenorganisationen haben dann erklärt, dass Frauen ohnehin schon genug Opfer durch die Geburt der Kinder auf sich nehmen müssten und auf diese Weise das Wahlrecht ohne eine entsprechende Pflicht bekommen.

Aber die Welt hat sich in 100 Jahren geändert. Keine Frau muss heute mehr ein Kind bekommen. Eigentlich musste das auch vor 100 Jahren keine Frau. Es gab und gibt keine Gebärpflicht. Bald bekommt ohnehin nur mehr jede zweite Frau Kinder. Statt einer Gebärpflicht haben wir heute die gesetzliche Pflicht zur Gleichstellung der Geschlechter. Und hier offenbart sich die Doppelmoral aller Parlamentsparteien. Der Frauenanteil in technischen Berufen kann nur durch Zwangsquoten gesteigert werden, aber Frauen werden freiwillig in Scharen zum Bundesheer gehen? Die vollständige Gleichstellung der Geschlechter kann erreicht werden, ohne einseitige Männerpflichten abzuschaffen?

Was ist mit einem Mann, der selbst wenig verdient oder der selbst eine Mehrfachbestaltung als Familienvater und Arbeitnehmer hat? Wird so ein Mann dann von der Wehrpflicht befreit? Nein. Die Wehrpflicht gilt eben derzeit nicht für Männer, die stark sind, gut verdienen und keine Kinder versorgen, sondern für alle Männer. Was ist mit einer Frau, die keine Kinder hat, keine alten Menschen pflegt und ein Spitzeneinkommen hat? Muss so eine Frau dann ersatzweise zum Heer? Sollte nach dieser Logik Gabriele Heinisch-Hosek nicht den Wehrdienst absolvieren? Gabriele Burgstaller hat uns ja erklärt, dass der Präsenzdienst „gut tut“.

Das würde wohl alles anders klingen, wenn das Soldatenleben ein Spitzenjob in der Wirtschaft wäre oder ein Platz auf der Nationalratsliste. So, wie die Gleichstellung derzeit läuft, gibt es für keinen Mann Anreize, die traditionelle Rolle abzulegen. Weil er in der Familie keine Rechtssicherheit hat, für seine Mehrfachbelastung keine Anerkennung bekommt, beim Rückkehr in den Beruf auf Frauenquoten stößt, trotzdem später in Pension geht und weil ihm die reinen Männerpflichten ohnehin immer bleiben. Angesichts dieser Tatsachen werden die Männer wohl „Nein, Danke“ zu dieser Art von „Gleichstellung“ sagen. Wer die „vollständige Gleichstellung“ mit solchen Mitteln anstrebt, wird wohl nie erfolgreich sein. Es ist eben nicht zweitrangig, ob die einzige Pflicht, die jeder Staatsbürger hat, nur für Männer gilt.

Keine Seite wird die Versprechnungen einlösen können, die jetzt nur als Ablenkung aus dem Hut gezaubert werden. Wer vor allem männliche Zwangsarbeit erhalten will, wird kaum die Bezahlung der Zivildiener auf ein erträgliches Niveau anheben. Wer die schlechte Behandlung der Soldaten nicht wahrhaben will, wird kaum mehr Frauen freiwillig zum Heer locken können. Wer wirklich mehr Frauen zum Heer bringen will, wird automatisch die Arbeitsbedingungen im Heer verbessern müssen. Das hilft dann Frauen und Männern. Wer mehr Frauen in den Zivildienst bringt, kommt um eine Bezahlung über dem Existenzminimum nicht herum. All das gilt für Berufsheer und freiwilligen Sozialdienst gleichermassen. Wenn wir ein reines Berufsheer bekommen, wird es eine realistische Zielvorgabe für einen höheren Frauenanteil geben müssen. Wenn als einer der wenigen Staaten in Europa bei der Wehrpflicht bleiben, dann kommen wir früher oder später um eine Pflicht für Frauen nicht herum.

Es ist zu befürchten, dass diese wichtigen Überlegungen vor der Befragung untergehen. Weil bei dem neben der Obsorge wichtigsten Gleichstellungsthema um den heissen Brei der Gerechtigkeit herumgeredet wird. Damit würden die Österreicher eine Entscheidung aufgrund von Falschinformationen treffen und eine Mehrheit für oder gegen die Wehrpflicht wäre wertlos. Das wäre schade. Österreich braucht mehr direkte Demokratie. Aber dann muss man es richtig machen. Die Frauen-Wehrpflicht kann kein Tabuthema bleiben. Man muss vor der Befragung klarstellen, dass wir unabhängig vom gewählten Modell der Landesverteidigung Frauen endlich auch im Gesetz als das behandlen wollen, was sie selbst sein wollen: Als erwachsene Mitbürger. Mit gleichen Rechten und Pflichten.

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